Es ärgert ihn ein wenig, man merkt es ihm an. Diese Schlagwörter, gleich einer Modeerscheinung, die seit einigen Jahren nun auch von der Gastronomieszene Besitz ergriffen haben: Molekulare Küche, Flexiganer, Dry Aged… Letzteres besonders, denn früher hat er selber die Rinderhälften mit der ganzen Fettschicht für Wochen bei sich im Kühlraum zum Reifen hängen gehabt. Frisch geschlachtetes Vieh braucht Reifung, denn sonst wäre es nur zäh und ungenießbar, das wissen wir alle.
Aber heute kreiert man ein Modewort nach dem anderen, und schon kann man 20 Euro pro Kilo mehr verlangen. Und der Konsument nimmt das in Kauf. Wir führen oft Gespräche dieser Art, gemütlich bei einer Tasse Kaffee, haben unsere gemeinsamen Ansichten, respektieren unsere Kompetenzen, wundern uns nicht selten wo der Weg noch alles hinführt, auch über den teilweise respektlosen Umgang mit hausgemachten Erzeugnissen.
Und dann lädt er mich ein, in seine heiligen Hallen, weswegen ich ihn eigentlich auch dieses Mal besucht habe: seinen Raum im ersten Stock des Anwesens in dem sich Schinken- und Karreespeck, Kaminwurzen und Hauswürstl, Stück für Stück, Wurst für Wurst, fein ordentlich, zum Trocknen und Reifen aufreihen. Ich liebe diese Aromen nach Buchenholz und Wacholder, die einem beim Betreten des Raumes schon entgegenströmen. Stefan Ratzeberger ist ein Klassiker. Einer, von denen es immer weniger gibt, weil niemand es Ihnen leichter macht. Von den Kunden beginnend über das Finanzamt bis hin zu den Konkurrenten.
Manchmal hat man den Eindruck, es ist egal ob es Urgesteine wie ihn noch gibt. Denn nicht Menschen wie er regulieren unsere Märkte, sondern die Großen, die Konzerne. Die, die in Masse produzieren, die Preise vorschreiben und uns diktieren was gerade in Mode ist und was nicht. Aber Tirol, das steht eben auch für gesurtes und hausgeräuchertes, für Tradition, Qualität und Handwerk! Und genau dafür bürgt Stefan Ratzenberger mit seinem Namen.
Es ist mir noch in sehr guter Erinnerung als ich ihn das erste Mal besucht. Damals hatte er grad eine neue Produktion Münchner Weißwürste abgebrüht. So verlockend, das er sofort das Glänzen in meinen Augen sah und mich spontan zu einem Weißwurstfrühstück einlud. Von diesem Tag an nahm das Hotel in dem ich damals beschäftigt war nur noch Weißwürste von ihm ab. Und ganz nebenbei räucherte er mir in Buchenholz immer mein Weißkraut, welches ich dann im Betrieb in reinem Schlagobers gekocht, vollendete.
Als Beilage zu Filetsteak ein wahrhafter Hochgenuss! Nebst seinen Spezialitäten betreibt er noch einen erfolgreichen Catering-Service und beliefert auch die Gastronomie mit seinen hausgemachten Semmel- oder Leberknödel. Knödel wie von der Oma, von Hand gefertigt, abgedreht und gekocht. Zu Ostern hatte er mir mal frisch geschlachtetes Lamm angeboten. Ich entschied mich für die Schulter, am Knochen, und diese dann in der eigenen Soße gegart, langsam, bei niederer Temperatur, bis das butterweiche Lammfleisch sich beinah von allein vom Knochen ablöste.
Stefan Ratzenberger weiß ganz genau was er verkauft und wer seine Produkte zu schätzen weiß. Wie sein Sohn Martin, der fleißig in Stefans Fußstapfen getreten und mit gleichem Engagement und Wissen diesem Handwerk nachgeht, nebst seiner Leidenschaft, der Jagd. Und wird im Hause Ratzenberger frisches Wild angeboten, so stammt es entweder aus eigener Jagd oder von guten Freunden und Bekannten aus der Region. In jedem Fall ist es heimisch.

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