Weichgespült und mundgerecht

Mir geht da etwas schon recht lange im Kopf rum. Vielleicht ist das ja auch nur ein völlig subjektives Empfinden. Aber habt Ihr nicht auch manchmal den Eindruck, das viele Produkte, die wir aus unserer Jugendzeit her kennen, heute nicht mehr so schmecken, wie damals, irgendwie fad und weichgespült? Sind Rosenkohl,  Tomate, Radicchio und Co. heute noch der Rosenkohl und Radicchio  von damals? Oder warum ist es heute so belanglos, wie ich eine Gurke schäle? Meine Mutter brachte mir noch wohl wollend bei, sie immer von der Blüte zum Stiel her zu schälen, wegen der Bitterstoffe. Nur, heute schäle ich eine Gurke wie auch immer, und da wird nichts bitter.

In der Sterne Gastronomie wird  bevorzugt mit frischen Produkten gearbeitet. Manche geliebt, viele verhasst, wenn man Lehrling ist. So wie Schwarzwurzeln. Sie sind einfach nur dreckig und klebrig. Ihre Weiterverarbeitung ist aufwendig. Und hinterher sieht man richtig wild aus. Aber dann, wenn man schlussendlich auch diese Arbeit erledigt hatte, und dazu übergehen durfte die Schwarzwurzeln zu garen, da vergaß man all die vorangegangene Arbeit! Das war eine Offenbarung! Ein unvergleichlicher Geschmack, voller Charakter, einzigartig. Der Kombination mit aromatischen Wintertrüffel folgte nur noch Sprachlosigkeit. Und heute? Ehrlich gesagt habe ich, trotz jahrzehntelanger Erfahrung und Praxis, keine Ahnung, wie ich aus dem angebotenen Winterspargel, wie man das Gemüse auch nennt, diesen Geschmack jemals wieder herausholen soll. Ich kann aus keinem Produkt etwas herausholen, das nicht in ihm steckt. Nicht mehr in ihm steckt!

Nun ist guter Wein, allein schon bedingt durch seinen Preis, nicht unbedingt ein Produkt für die breite Masse. Da war Bier doch schon eher das Nationalgetränk des kleinen Mannes. Gut kann ich mich heute noch daran erinnern, wie ich mit meinem Vater gemeinsam mein erster Fürstenberg Pilsener genießen durfte. Und diesen Geschmack auf der Zunge, dieses herb-bittere, vergisst man nie. Doch suchen wird es man es heute vergeblich.

Vor langer Zeit gestand mir einmal ein guter Freund und Sommelier in einem First Class Hotel, das er ein Problem mit meinen Gerichten habe. Er würde keine Weine finden, die es mit meinen Speisen aufnehmen können. Das war vor 20 Jahren. Heute werden Reinweine oder Cuvées kreiert, die ein wahres Feuerwerk unserer Geschmacksknopsen und Synapsen auslösen. Ja, in der Tat, es geht auch anders.

Vielleicht liegt es einfach nur daran, das wir wortlos zu viele unserer Lebensmittel vertrauensvoll der Industrie überlassen haben, anstatt uns selbst um die Sache zu kümmern. Vielleicht sollten wir mal wieder dazu übergehen uns um die Sache selber zu kümmern. Und vielleicht würden wir dann auch nicht immer nur motzen, was uns die Industrie böses will. Denn eigentlich will Sie ja auch nur das gleiche wie wir: Geld verdienen.

 

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