„Hat’s dir g’schmeckt, bist du denn auch satt geworden? Iss nur fleißig, dass du auch groß und stark wirst!“ Wer bitte erinnert sich nicht an diese gut gemeinten Worte von der Mama… aber mal ganz unter uns: was ist daraus geworden? Nicht aus mir, oder Euch, liebe Leserinnen und Leser, sondern aus unserem Essverhalten, unseren geliebten Essgewohnheiten, dem Wissen um gute, leckere und kraftspendende Küche von der liebevollen Mutter?
Selbstoptimierung heißt das Gebot der Stunde. Um heutzutage als vollwertiges Mitglied unserer Gesellschaft akzeptiert zu werden, reicht es einfach nicht mehr nur frisch und lecker zu kochen. Nein, es muss auch noch BIO, vegetarisch oder gar vegan und auf gar keinen Fall mit irgendwelchen, und seien sie noch so abstrus, Allergenen behaftet sein. Und wen wundert es, ist aus all diesen revolutionären, kulinarischen Neuerungen auch noch eine ganze Industrie entstanden. Eine Industrie, die eigentlich schon existierte, reibt sich nun die Hände, dass es zur Reifung einer veganer Salami nur noch 24 Stunden statt der 4 Wochen einer konventionell produzierten Dauerwurst, bedarf.
Und wer jetzt denkt, dass er den Olymp der Selbstoptimierung bereits erklommen, wird jäh auf den Boden der Tatsachen zurückgeworfen. Es reicht schon lange nicht mehr, sich bewusst und gesund zu ernähren, nein, es muss jetzt auch noch das Wissen um all diese Optimierung eine diplomierte Fachkraft in Anspruch genommen werden. Und eben diese Fachkraft erzählt einem dann, dass Zucker aus frischem Obst gleich ungesund und den Körper schädigend ist, wie industriell produzierter, raffinierter Zucker. Da wir aber glauben, es nicht besser zu wissen, müssen wir diese Behauptung wohl oder übel als die einzige Wahrheit akzeptieren, und künftig auf jeglichen Verzehr von erfrischendem, lecker gereiftem Obst verzichten, ob nun konventionell oder BIO produziert.

Ich selber, einst in meiner Position als Küchenchef eines 5 Sterne Luxushotel, konnte auch nur über das Wissen meines Hoteldirektors staunen, als er anlässlich eines Service Meeting, sich zu der Aussage hinreißen ließ, das Pastinaken und Petersiliewurzel das gleiche wären. Ja, lieber Herr Hoteldirektor, es ist richtig, dass beide Gewächse aus der Familie der Doldenblütler abstammen, aber das war’s dann auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Ich habe mal in einer Hotelküche meinen Mitarbeitern gegenüber die Aussage getätigt, ich lasse hier niemanden dumm sterben. Aber mittlerweile habe ich gelernt, auch mal den Mund zu halten.
Sicher, ich bleibe bei meiner Meinung: eine gute, gehaltvolle und auch schmackhafte Küche setzt eines auf jeden Fall voraus, nämlich qualitativ hochwertige Grundprodukte. Und es Bedarf auch eines umfangreichen Grundwissens um diese Produkte, Herkunft, Verarbeitung, Verwendung, und mit absoluter Sicherheit auch Wirkung auf unseren Organismus. Auch eine fachgerechte Hilfestellung einer qualifizierten und ausgebildeten Person, sei es Arzt, Fitnesscoach oder Ernährungsberater, befürworte ich zweifelsohne, aber dann bitte eine vertrauensvolle, mit gewachsenem Wissen UND gesundem Hausverstand.
So leid es mir tut, aber Fastfood und industriell produzierte Lebensmittel haben eigentlich auf unserem Speiseplan nichts verloren, wohl aber frisches Obst und Gemüse. Das wichtigste jedoch, bei aller Selbstoptimierung erscheint mir, dass wir eines niemals verlernen oder gar vergessen dürfen: zu leben und zu genießen, nur halt in Maßen und nicht in Massen. Echter Genuß drückt sich nicht in Tabellen, Studien oder Scheinwissen aus, es ist ein völlig individuelles Wohlfühlgefühl. Solang ich mich wohl fühle, sowohl kulinarisch als auch ethisch, moralisch und körperlich, habe ich alles richti g gemacht. Denn wir alle wissen: Mens sana in corpore sano !

Ich schätze Ihre bodenständige und fundierte Art mit Lebensmitteln und Essen umzugehen, bzw. darüber zu schreiben sehr. Danke.
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WOW! Ganz lieben Dank für den tollen Kommentar!!!
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