Der schwangere Hirsch…

Köche sind oft etwas sonderbar…leidenschaftlich, exzentrisch, cholerisch, verrückt, wahnsinnig…gute Köche sind entweder Alkoholiker oder verrückt. Es soll ja auch schon Köche gegeben haben, die sich freiwillig in eine Psychiatrische Klinik haben einweisen lassen. In meinem beruflichen Umfeld waren es insgesamt zwei an der Zahl, die diesen Weg gegangen sind, plötzlich von der Bildfläche ihres kulinarischen Wirkens verschwunden waren. Weit verbreitet ist der Gebrauch von „Genussmittel“ unter diese Gilde.

In 25 Jahren beruflicher Tätigkeit habe ich trotz enormem Leistungsdruck und unablässig geforderter Kreativität Gott sei Dank niemals auf solche Mittel zurückgreifen müssen, außer um sie tatsächlich ihrer wahren Bestimmung nach zu verwenden, als puren Genuss. Erst waren es sündhaft teure Whisky und Zigarrenbrände wie XO Pinar del Rio von Gaultier oder Marillenbrand von  Jöbstl, heute jedoch bevorzuge ich Gin und Rum, letzterer vorzugsweise aus Venezuela oder der Dominikanische Republik. Mit Havanna Rum kann man mich jagen…Manch einer meiner Kollegen jedoch unterlag der Versuchung des öfteren mehr zu konsumieren, als ihm gut tat.

So empfanden wir es immer als recht amüsant, wenn das Auto eines Koches am nächsten Morgen wieder mit einer Beule mehr im Blech auf dem Parkplatz des Mitarbeiterhauses parkierte. Und manchmal geschah es, das besagtes Fahrzeug am nächsten Morgen überhaupt nicht mehr da war. Schuld war der schwangere Hirsch, so die Aussage des zwischenzeitlich ausgenüchterten Kollegen und Lenkers, der sich urplötzlich auf einer Landstraße vor den entsetzten Blicken der Insassen eines japanischen Kleinwagens aufbaute. Was tun? Vollbremsung? Ausweichen? Schlussendlich wurde besagter Kleinwagen in dieser Nacht auf einer Verkehrsinsel geparkt. Das Gute an der Sache war, niemand hatte sich etwas getan und auch der Hirsch kam mit einem Schrecken davon. Und natürlich das endlich kein fahrbarer Untersatz mehr vorhanden war, den man unter Drogeneinfluss hätte steuern können.

Müll abladen im Wald ist nun wirklich kein Kavaliersdelikt. Und dumm, wenn die Füchse des Nachts dann auch noch anfangen mit diesem Müll zu spielen auf der Suche nach essbaren Rückständen, und den Müll somit in alle Himmelsrichtungen verteilen. Darunter auch private Korrespondenz mit noch lesbarer Anschrift. Auch nicht zu verachten die mittlerweile verstärkte Überwachung unserer heimischen Wälder durch Videokameras um sich über die Wege des Wildes ein besseres Bild verschaffen zu können. Achja, Bild! Natürlich mit Nummerntafel und Fabrikat des Fahrzeuges aus dem der Müll entsorgt wurde, gespeichert auf SD-Karte.

Manchmal fehlten einem sprichwörtlich die Worte. Ganz besonders wenn man beim morgendlichen Betreten der Küche nach einem ausgesprochenem „Guten Morgen“ kein Echo vernahm. Was war denn jetzt wieder los? Bin ich allein??? Wo sind sie denn alle? Schüchtern erhob mit einmal der diensthabende Frühstückskoch seinen Kopf über die Mauer und entgegnete mir doch noch einen guten Morgen. „Sind wir alleine?“ meine nächste Frage? Er kurz: „ja“. Und das sollte sich bis 12.00 Uhr auch nicht mehr ändern. Schön, da freute ich mich doch gleich noch viel mehr auf’s Arbeiten. Mittagessen für 120 Mitarbeiter, ein Mittagsbrunch für ebenso viele Hausgäste, am Abend ein 5-Gang Menü, ich alleine in der Küche und nichts vorbereitet, aber ein Arbeitszettel lag parat! Was soll ich sagen: ist man erst mal angefressen, geht die Arbeit nochmal so schnell. Fakt war, die gesamte Küchenbrigade war am Vorabend gemeinsam mit dem damaligen Küchenchef aus „Sauftour“ gegangen. Natürlich hatten auch einige besagter Herrschaften am nächsten Tag ihren wohlverdienten Ausgang, so aber nicht der Küchenchef selbst! Sein Dienst sollte tags darauf um 09.00 Uhr beginnen, gemeinsam mit seinem stellvertretendem Küchenchef, also meiner Person. Fazit: ich habe es „gerissen“, alle bekamen pünktlich und heiß ihre Mahlzeiten, für den Abend war auch schon fast alles vorbereitet. Der Küchenchef ist an diesem Tag gegen 16.30 Uhr in der Küche aufgetaucht. ABER er hatte sich doch tatsächlich bei mir entschuldigt, das erste und einzige Mal!

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